TW: Polizeigewalt, sexualisierte Gewalt (?)

Die Aktion war bereits erprobt: Um für ein Verbot des Vollspaltenbodens in der Schweinehaltung zu protestieren, drangen Aktivisten des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) Ende Mai ins Landwirtschaftsministerium ein, ketteten sich – die Gesichter mit Schweinemasken verdeckt – am Hals mit Fahrradschlössern aneinander, und forderten ein Gespräch mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP).

Dieselbe Choreografie wiederholten ein Dutzend Tierschützer am Vormittag des 5. Juni in Innsbruck: Sie besetzten einen Raum der ansässigen ÖVP-Zentrale und verkündeten ihre Forderungen via Megafon aus dem Fenster.

Über das, was danach geschah, gehen die Ansichten auseinander. Die Geschehnisse sind nun Gegenstand von Ermittlungen der “Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe” (EBM) des Innenministeriums. Denn nach Angaben der VGT-Aktivisten sei es nach der Räumung zu gewalttätigen Übergriffen gegen festgenommene Tierschützer durch Tiroler Polizeibeamte gekommen.

Laut VGT-Obmann Martin Balluch seien die Polizeibeamten beim Wegtragen der Protestierenden unverhältnismäßig brutal vorgegangen.

Fünf festgenommene Aktivisten seien danach in einer Garage der ÖVP-Zentrale unter Zwang und teilweise gewaltsam ausgezogen, und nackt an den Genitalien abgetastet worden. “Frauen, die sich geweigert hatten, wurden die Unterhosen heruntergerissen.”

Die Beamten hätten die Autos und Rucksäcke durchsucht und Ausweise abfotografiert. “Angeblich auf der Suche nach Diebesgut”, wie Balluch erzählt.

Wer kennt es nicht? Tierschützer, die mit Taschen voller Diebesgut Parteizentralen besetzen.

“Nachts gegen 23 Uhr stürmten drei männliche Polizisten in eine Zelle mit vier Tierschützerinnen. Sie setzten sich auf deren Arme und Beine und rissen ihre Köpfe an den Haaren hoch, um ihre Gesichter mit Fotos zu vergleichen.”

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Laut VGT hätten einige der Aktivisten Verletzungen davongetragen: Eine Person habe einen geschwollenen Kiefer gehabt, eine Frau ein blaues Auge, einige blaue Flecken am Körper und Schmerzen an Händen und Armen.

“Wir haben eine Maßnahmenbeschwerde gegen die betreffenden Innsbrucker Beamten eingebracht”, sagt der VGT-Obmann. Auch eine Klage überlegt er: Die Weltanschauung der Tierschützer sei nicht respektiert worden – für die Veganer unter den Inhaftierten bestanden drei Mahlzeiten lediglich aus trockenem Brot und etwas Marmelade.

Fragt man bei der Landespolizeidirektion Tirol nach einer Stellungnahme zu den Vorwürfen, dann heißt es, man gebe aktuell kein Statement dazu ab. “Der Fall wird aktuell intern von der Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) des Innenministeriums untersucht”, sagt eine Sprecherin. “Sämtliches Material wurde an die EBM abgegeben.”

Material meint in diesem Fall die Aufnahmen der Bodycam. Denn eine der 20 Körperkameras, über die die Tiroler Polizei derzeit verfügt, hat den mehrstündigen Polizeieinsatz gefilmt.

Was sich laut VGT aber danach in der Garage und noch später im Polizeianhaltezentrum zugetragen haben soll, wird sie nicht zeigen können – hier war keine Bodycam im Einsatz.

Natürlich.

Im Innenministerium will man auf die Vorwürfe nicht antworten: “Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) – Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (EBM) – führt Ermittlungen zum gegenständlichen Sachverhalt durch”, heißt es auf STANDARD-Anfrage.

“Nach Maßgabe der Strafprozessordnung und unter Berücksichtigung der Rechte von Beteiligten wird umfassend ermittelt und das Ergebnis in weiterer Folge der Staatsanwaltschaft Innsbruck berichtet.” Aufgrund datenschutzrechtlicher Vorgaben und der Bestimmungen der Strafprozessordnung seien Ermittlungsverfahren nicht öffentlich.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte zu dem Fall in einem Interview mit Krone.at: Wer unrechtmäßig in ein Haus eindringe, müsse mit Konsequenzen, nämlich einer Verhaftung, rechnen.

Ach damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Dachte ich könnte einfach in den Bundestag marschieren. Tja, dann besetze ich wohl heute mal kein Haus. Danke für den Hinweis.

Und: “Gerade bei derartig schwierigen Einsätzen, bei denen manche bewusst – ich betone manche – die Provokation suchen, ist es notwendig, konsequent und mit Mitteln des Rechtsstaats vorzugehen.”

Auch ich finde es schrecklich, wie mache - ich betone manche - Polizisten die Provokation suchen und finde diese Beamten sollten notwendigerweise konsequent und mit allen Mitteln des Rechtsstaats bestraft werden. Gerade die professionellen Krawallpolizisten, die aus anderen Bundesländern anreisen, müssen sanktioniert werden.

Es bleibe jedem selbst überlassen, sich über das Vorgehen der Polizei zu beschweren.

Danke, dass du mir in deiner unendlichen Gnade Meinungsfreiheit zugestehst.

Das Innenministerium plant, die Tiroler Polizei künftig mit 250 Bodycams auszurüsten.

Ich bin sicher die werden auch lückenlos eingesetzt werden.