Ich beschäftige mich im Folgenden mit dem DACH-Fediverse und lasse den Zustand des internationalen Fediverses bzw. Lemmys außer acht. Wenn ich Fediverse sage, liegt der trotzdem Fokus auf Lemmy, aber das größere Fediverse wird mit gemeint.
Die Entwicklungen des letzten Jahres
Alles ist so angenehm und schön hier, das ist meine Sicht der Dinge, seit ich auf Lemmy bin. Die Community floriert, es gibt Insider, Memes und alle kennen sich mehr oder weniger untereinader, die Admins und Mods begegnen einem auf Augenhöhe (nicht so wie zu Redditzeiten oftmals) und man kann sich zusätzlich im Matrixraum austauschen. Die Community lebt davon, nicht zu groß zu sein und eine gewisse Priese NerdInnentum bringt alle noch enger zusammen, kurzum: Wie in alten Zeiten des Internets. Seit Anfang April 2024 ist die Feddit-Website jedoch nur noch für wenige Minuten täglich erreichbar, das Frontend ist kurz nach dem Umzug auf neue Server kaputtgegangen, weil die Servercache übergelaufen ist, mit dem Backup scheint es ebenfalls Probleme zu geben. Das ist nicht der erste Ausfall Feddits, jedoch mit Abstand der längste, seit nun mehr zwei Monaten. Die Kerncommunity versucht so gut es geht zu helfen, der bisher sehr aktive Admin Wintermute ist jedoch unerreichbar auf Coworkation in Japan. Das Backend funktioniert weitestgehend noch, auch wenn Bilder nicht laden, von alternativen Weboberflächen und Apps kann nach wie vor zugegriffen werden. Am Beginn des Feddit-Ausfalls waren ich und ein Freund mit dem Vollenden eines Rustprogrammes beschäftigt, das die gesamte Website feddit.de mit all ihren Posts und Kommentaren in das Internetarchive hochgeladen hätte. Pech gehabt. Unklar ist, wie die Situation sich entwickeln wird, aber der Ausfall schadet dem deutschsprachigen Lemmyteil jeden Tag.
Die Schwächen des heutigen Fediverses
Feddits aktuelle Situation sollte, egal wie es sich noch entwickelt, eine Lehre sein. Es gilt aktuell, den Spagat zwischen Denzentralität und Reliabilität zu wagen, konkret die Reliabilität der einzelnen -privaten- Server, die anfällig für Ausfall oder Abschaltung durch die ebenso privaten Anbietenden sind. Man kann das Problem der Reliabilität durch die Nutzung einer einzelnen zentralen Instanz, die besonders betreut wird, lösen… Womit wir wieder bei den zentralistischen Systemen angelangt wären, vor denen so viele nach Lemmy geflohen sind. Oder man nähert sich dem Problem von der anderen Seite und macht die einzelnen Server im Lemmyverbund unabhängiger von dem Wegfallen/den Ausfällen einzelner. Wünschenswert wäre ein Gemeinschaften-Migrationstool, mit dem man Gemeinschaften von einer Instanz auf die andere übertragen kann, wie es schon als Idee auf Feddit umher geistert. Eine Möglichkeit zur Synchronisation der Beiträge zwischen den Instanzen, wodurch Lemmy weniger anfällig für den Ausfall einzelner Server wäre, klingt ebenfalls gut, wobei ich persönlich mich frage, inwiefern das technisch wirklich umsetzbar ist und bei wirklicher Dezentralisierung (mit der Nutzung verschiedener Instanzen) noch nötig wäre. Utopisch, aber nicht unmöglich, ist eine Hybrid-Idee, das Migrationstool bei zeitgleicher Gründung eines Vereines, zumindest für den DACH-Raum. Ein Verein, der sich für die Interessen der Lemminge einsetzt, in welchem diese sich organisieren können, welcher Server finanziert und somit auch den Serverbesitz demokratisiert. Möge dem Bangen um die eigene Instanz ein Ende gesetzt werden. Die Lemminge haben nichts zu verlieren, als eben diese Abhängigkeit. Sie haben ein rund um demokratisiertes Fediverse zu gewinnen. Lemminge aller DACH-Länder, vereinigt euch!