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Kommentar zur Einstellung des Verfahrens gegen Till Lindemann und zur Reaktion der Medien darauf.
“Die belastenden Berichte klingen zwar schrecklich, trotzdem erfüllen die Erzählungen keine Straftatbestände.”
Die Erzählungen (in den Medien) erfüllen Straftatbestände. Diese wurden nur nicht gegenüber der Justiz wiederholt, darum wurde zu recht das Verfahren eingestellt. Wenn Opfer und Zeugen lieber mit den Medien als mit der Justiz reden kann das durchaus auf Misstände in unseren Rechtsstaat hinweisen. Die Unschuldsvermutung gilt auch für die andere Seite, wer jetzt sicher ist die Frauen sind der Verleumdung schuldig und wollten nur eine Hexenjagd inizieren hat es genauso wenig verstanden.
Außerdem glaube ich das der Verfasser, wenn er guten Journalismus sucht, keinen t-online Artikel lesen sollte.
Keine Ahnung wer dieser Typ ist, aber sein Framing ist super: alle Medien sind doof, weil die Betreiben quasi eine Hexenjagd auf den armen Till.
Und dann gab’s auch noch das hier:
Die hohe Zahl der Sexualstrafverfahren in Deutschland zeigt, dass viele Frauen mutiger sind als die Zeuginnen gegen Lindemann
Was zum fick? Vergleicht er ernsthaft das Aussagen gegen einen x-beliebigen Mann (was für viele sowieso schon nicht einfach ist) zum Aussagen gegen einen internationalen Rockstar mit einem riesigen Fankult?
Der Typ ist Udo Vetter.
Magst Du nochmal genauer den ersten Punkt ausfuehren? Wo genau stimmst Du ihm denn inhaltlich nicht zu? Es geht ihm doch einzig darum dass das kein Versagen der Staatsanwaltschaft ist. Die haben alles getan was sie tun konnten in unserem Rechtsstaat, aber was sollen Sie bitte ohne Beweise machen?
Ich erinnere nur mal an die Causa Kachelmann, da kann man schoen sehen warum die Unschuldsvermutung in einem Rechtsstaat ein sehr hohes Gut sein sollte.
Im T-Online Artikel wird nirgendwo dazu aufgerufen den Rechtsstaat zu stürzen, die Beweispflicht umzukehren oder eine Hexenjagd zu betreiben.
Siehe auch meinen anderen Kommentar.
Ich spring hier mal in den Thread rein
Es geht ihm doch einzig darum dass das kein Versagen der Staatsanwaltschaft ist
Das ist nicht ganz korrekt. Es geht ihm insbesondere darum, wie die Medien mit dem Fall umgegangen sind. Zum Beispiel hier (ich denke hier kommt das mit der Hexenjagd her die oben erwähnt wurde):
Am Ende soll es, wenn ich die zahlreichen Kommentare richtig verstehe, in Sexualstrafsachen auf eine völlige Umkehr der Beweislast hinauslaufen. Dem Beschuldigten, so die Idee einer deutlichen Mehrheit unserer Meinungsredakteure, muss nicht die Tat nachgewiesen werden. Vielmehr gilt er als schuldig, sofern er sich nicht komplett entlasten kann. Falls das jemand an die Zeit der Hexenprozesse erinnert: Weit davon entfernt wäre nicht mehr. Und wer würde sich nicht in diese Zeit zurücksehnen?
Vielleicht mal nachlesen, was Kachelmann selbst dazu sagt, wenn man ihn ständig dafür benutzt, um potentielle Opfer von sexuellem Missbrauch zu diffamieren: https://twitter.com/Kachelmann/status/1666094713152364548?t=IMfCp-EZjTbnJrxykIaDDQ&s=19
Danke, war mir nicht bewusst.
Die hohe Zahl der Sexualstrafverfahren in Deutschland zeigt, dass viele Frauen mutiger sind als die Zeuginnen gegen Lindemann
Den Satz hab ich auch gar nicht verstanden. War das jetzt alles nur von den Medien aufgebauscht wie er sonst überall im Text suggeriert, oder gibt es diese geschädigten Frauen wirklich und sie trauen sich nur nicht damit vor Gericht zu gehen? (Ganz abgesehen davon wie Scheisse es ist das als Feigheit ab zu stempeln) Der Autor ist hier inkonsistent, und das gefühlt auch nur um einen Seitenhieb zu machen…
Kann in dem Beitrag nichts erkennen von wegen “alle Medien sind doof”. Der Autor, den ich bislang als besonnenen Juristen wahrgenommen habe, stört sich an der (von Klick-Geilheit getriebenen) Hexenjagd, die dabei rechtsstaatliche Prinzipien in den Dreck zieht.
Völlig unabhängig davon, wie prominent der (ehemals) Angeklagte ist oder um was für einen Gesetzesverstoß das geht, kann man das meiner Meinung nach schon zurecht kritisieren. Medien haben Verantwortung, nicht nur einzelnen Menschen gegenüber, sondern auch bezüglich des “gefühlten” Rechtsverständnisses der Bevölkerung.
Steht doch schon im ersten Satz, dass er sich über “die Medien” aufregt aber am Ende nur ein Beispiel hat. Allgemein gibt es sehr viele Verallgemeinerungen in dem Artikel.
Auch dieser Satz hat einen faden Beigeschmack:
Oder anders gesagt: Sollten die Redakteure aus dem Ressort Buntes & Cancel Culture sich noch ein Zusatzhonorar als (bessere) Polizisten verdienen dürfen?
Hier wird einfach nur mit der Cancel Culture Keule rumgeschwungen obwohl im T-Online Artikel nichts von canceln steht sondern es lediglich darum ging, dass Täter es bei Vergewaltigungsdelikten vor Gericht einfacher haben als Opfer. Auch diese Ermittlung wurde sehr schnell zugunsten des mutmaßlichen Täters eingestellt wurde. Da wurde es nirgendwo zur Hexenjagd aufgerufen und die Beweispflicht umzukehren.
Zu guter letzt siehe mein Zitat aus dem oberen Kommentar an. Wie lost kann man sein um so über Vergewaltigungsopfer zu schlussfolgern? Aber vielleicht erwarte ich auch zu viel Empathie von einem alten weißen Anwalt.
vielleicht erwarte ich auch zu viel Empathie von einem alten weißen Anwalt
Off-Topic: können wir bitte aufhören, amerikanische Kampfbegriffe unreflektiert in Deutschland einzusetzen? Der Marker “weiß” hat in diesem Kontext in den USA selbstverständlich seine Daseinsberechtigung, für die BRD spielt er aber mangels strukturellem und vor allem institutionellem Rassismus gegen Schwarze schlichtweg keine Rolle. Hierzulande könnte man beispielsweise drüber nachdenken, über “alte Wessis” zu sprechen, wenn man Machtstrukturen und Privilegien darstellen möchte.
Du hast natürlich Recht, ich finde den alten weißen Mann als Sinnbild trotzdem gut. Außerdem hatte es der alte weiße Mann in Deutschland durchaus einfacher in seinem Leben, als der Gastarbeiter aus der Türkei, Spanien oder sonstwo.
Bei dem Vergleich des Muts stimme ich dir zu, das sind grundsätzlich unterschiedliche Situationen.
Aber sonst hat er meines Erachtens vollkommen Recht. In dubio pro reo ist die Grundlage unseres Rechts und es ist verachtenswert, wie dieser Grundsatz von den Medien durch den Dreck gezogen wird. Der Begriff Hexenjagd ist dafür angemessen.
Uff, von Udo Vetter hätte ich besseres erwartet. Hier der Meinungsbeitrag auf t-online, auf den er sich bezieht.
Soll das etwa andeuten, die Sache hätte schon deswegen länger dauern müssen, weil schon die Jahre und Monate des laufenden Verfahrens Lindemann und seine Band zermürben und zugrunde richten werden? Was für ein groteskes Verständnis.
Das wird in dem Beitrag genau nirgends angedeutet. Da geht es gar nicht um Strafforderungen, sondern darum, wie schwer es für Betroffene wird, wenn sie juristische Schritte einleiten wollen.
Oder ist die offenkundige Lust auf ein jahrelanges Verfahren auch darin begründet, dass dann regelmäßig eine schöne Schlagzeile abfällt?
WZF, Udo?
Unklar ist laut t-online auch, ob es weitere Ermittlungsansätze gegen Lindemann gab. Das ist nur unklar, wenn man die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Berlin nicht liest. Oder sie liest und den Lesern trotzdem vorenthält, was drin steht. Nämlich, dass es keine weiteren Ermittlungsansätze gibt.
Okay, weil der Staat das so sagt, ist das so. Ich hatte die Rolle der Presse so verstanden, dass sie gerade auch staatliches Handeln hinterfragen sollte, aber das ist dann wohl ein Irrtum meinerseits. Zur Begründung führt er dann aus, dass die Staatsanwaltschaft ja versucht habe, Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen, so als wäre das im Meinungsbeitrag unterschlagen worden. Ich zitiere aus dem Beitrag:
Natürlich ist der Einwand der Staatsanwaltschaft berechtigt, dass das Ermittlungsverfahren dadurch erschwert wurde, dass sich die Betroffenen nicht an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft gewandt haben.
Was wird denn da den Lesern vorenthalten?
Ich finde den Beitrag auf t-online auch nicht besonders gelungen, aber man sollte den schon kritisieren, ohne sich in solche hanebüchenen Fantasien reinzusteigern.
Interessanter Ansatz einen spezifischen Artikel nehmen und ihn auf die ganze Presselandschaft extrapolieren. Sich dann auch noch wundern, das einem Journalisten aus dem Unterhaltungsbereich, andere Aspekte wichtiger sind als juristische Realität, ist dann doch etwas kurz gedacht.
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