Endlich wollte ich mir mal die elektronische Patientenakte zu Gemüte führen. Immerhin hat man als Patient ja - vlt. - auch was davon. Also die App der AOK runtergeladen, gestartet, meine Daten eingetragen und ich werde aufgefordert, die Versicherungskarte per NFC zur Authentifizierung zu nutzen. Ja toll, das ist doch mal richtig gut. Ein vernünftiges Authentifizierungsverfahren! Aber halt … ich brauche eine PIN. Die AOK hat mir nie, für keine meiner Versicherungskarten, je eine PIN gegeben.

Also die Website geprüft, wie ich an die PIN komme. Hey, es gibt einen Online-Prozess, über den man die PIN anfordern kann. Dafür braucht man wohl den elektronischen Personalausweis (der übrigens auch “ePA” abgekürzt wird?! Was’n das für 'ne Scheiße?!), was plausibel klingt, wenn man einen Identitätsnachweis erbringen soll. Endlich mal kein Video-Ident-Mist!

Also wieder alle Daten eingegeben und dann … bekomme ich eine Transkationsnummer für … “My WebID”?! Das geht nicht über die offizielle, quelloffene und auditierte AusweisApp2? Hmm. Na gut. Lad ich mir halt “My WebID” runter. 215 MB?! Für eine Scheiß Authentifizierung?! Haben die die gerippte Herr der Ringe Trilogie zum Zeitüberbrücken drin, oder wozu braucht das Teil 215 MB?!

Ein viel zu großer Download später und ich kann die Transaktionsnummer eingeben. Und danach die PIN zu meinem Perso. In eine Drittanbieter App fragwürdiger Herkunft?! Na was soll’s, ich bin zu weit, um hier jetzt aufzugeben. Also eingegeben, Perso rangehalten und TADA, meine Identität wurde bestätigt. Ohne Hinweis darauf, welche Daten eigentlich ausgelesen wurden, wie man das von der AusweisApp2 kennt? Na toll. Die könnten also auch noch sonst was ausgelesen haben. Naja, vertrauen wir mal der DSGVO.

So, dann kann ich jetzt ja sicher endlich die ePA nutzen. Oder…? ODER?!

Die Bestätigungsmail ist jedenfalls da … und teilt mir mit, dass die PIN in den nächsten Tagen per Post zugestellt wird. PER POST! (╯°□°)╯︵ ┻━┻

So sieht dann also Digitalisierung aus. Man verkompliziert den Prozess und kombiniert soviele Dienstleister und Medien wie nur irgend möglich. Gut gemacht! Danke! … für nichts.

Da freu ich mich ja schon drauf, welch Wunder mich erwarten, wenn ich dann endlich Zugang zur ePA habe. Ich ahne schlimmes …

    • redballooon@lemm.ee
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      10 months ago

      Patientenakte ist total sinnvoll für Patienten.

      Wenn du einmal im Jahrzehnt ein MRT kriegst, bist du zu diesem Zeitpunkt dem Namen nach zwar auch Patient, aber das juckt keinen Arzt und in der ePatientenakte ist das ein Schmuck Werk.

      Aber wenn du mal 75 bist und der Gastroenterologe auf der Notaufnahme schnell einsehen kann was deine Krankengeschichte und Medikationsplan sind, kann das dein Leben retten, oder was davon noch übrig ist.

      • ebikefolder@feddit.de
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        10 months ago

        Dann sollte man sich besser um Sicherheit und Datenschutz kümmern.

        https://taz.de/Elektronische-Patientenakte/!5918459/

        Mit seinen Gesetzes­vorhaben vergrößert Lauterbach nun den Konflikt: Er plant, den Bundesdatenschutzbeauftragten bei dem Digitalisierungsprozess zu entmachten. Dessen Vetorecht soll fallen, ebenso das des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

        Scheint also datenschutz- und sicherheitstechnisch ein Totalschaden zu sein. Oder warum sperrt man die entsprechenden Kontrollgremien aus? Vielleicht weil die was dagegen haben könnten, dass die Daten standardmäßig an die Pharmaindustrie durchgereicht werden?