Letzte Woche hat Google ein kleines Experiment gemacht, um herauszufinden, wie wichtig Nachrichtenseiten den Nutzern eigentlich sind. Bei manchen sorgte das für Entrüstung. Bei mir trat das einige Gedanken los.
Sicher kennen viele hier “Fefe” Leitner. Sein Blog ist Urgestein im deutschsprachigen Internet. Im Jahr 2003, ist er durch ein Urteil des BGH in die deutsche Rechtsgeschichte eingegangen.
Er hatte im Jahr 1997 einen News-Aggregator eingerichtet, Jahre bevor Google sowas anbot. Er wurde bald von Presseverlagen verklagt. Die Verlage wollten verbieten, “Deep Links” zu setzen. Alle Links sollte nur auf ihre Homepage gehen, wo man dann die hauseigene Suchfunktion nutzen sollte (Enshittification nennt man das heute.). Damit bekamen sie sogar erst mal recht. Erst 2003 klärte der BGH, dass Deep Links auch in Deutschland legal sind.
Und seither? Das Gesetz wurde geändert, um den Vorstellungen der Verlage zu entsprechen. Erstmal wurde in Deutschland das “Leistungsschutzrecht für Presseverleger” (aka Link Tax) eingeführt. Als der EUGH das kassierte, wegen fehlender Absprache mit der EU, wurde auf europäischer Ebene das Recht geändert. Jetzt streiten die Verlage mit Google über Lizenzzahlungen.
Tja, sowas erklärt natürlich, warum es hier keine mächtigen Internetfirmen wie in den USA gibt.
Die Urheberrechtsindustrie (bei Fefe “Contentmafia”) gewinnt eine Lobbyschlacht nach der anderen. Ich glaube, sie hat die Schlacht um die Hearts and Minds auch eindeutig gewonnen.
Forderungen nach einer Urheberrechtsreform im Sinne der Allgemeinheit höre ich kaum noch. Im Gegenteil, wenn es Streit über Lizenzzahlungen gibt, dann scheint sich das Internet eher reflexhaft mit der Contentindustrie zu solidarisieren (wie beim aktuellen Streit um Google News). Von den Diskussionen um KI-Training muss man gar nicht erst reden. Die Unlogik des Urheberrechts wird auch vom Gesetzgeber auf immer mehr Bereiche ausgedehnt, zuletzt beim Data Act.
Wie seht ihr das? Und wie kann es weitergehen?
Naja. Die Hälfte aller Deutschen ist über 45. In den 1960 war mehr als die Hälfte noch unter 34. Die arbeitende Bevölkerung ist einfach kleiner und weniger leistungsfähig. Da muss man nicht nach dem one weird trick suchen.
Überhaupt finde ich die Frage, wie man dahin zurück kommt, schon problematisch. Die Vergangenheit kommt nie zurück. Die Frage sollte sein, wie man es in Zukunft besser macht. Bei der Geschichte in OP ist das Problem ja gerade, dass man Privilegien für eine Industrie festschreibt, anstatt den Weg zu ebnen für neue und bessere Lösungen.
Wegen der Wirtschaft im Allgemeinen macht mir der Data Act Sorgen. (Nicht nur, aber es ist in OP erwähnt). Der Data Act ist sehr kompliziert und widersprüchlich. Ich weiß nicht, was in der Praxis dabei tatsächlich rauskommt. Es ist vorgesehen, dass nicht-persönliche Daten (zB Sensordaten aus Industriemaschinen) lizenziert werden. Solche Daten können nützlich sein für Forschung und Entwicklung und wer weiß was noch. Jetzt wird ohne Not eingeführt, dass noch mehr Leute so einer Datennutzung zustimmen müssen. Eine wirtschaftliche Logik dahinter kann ich nicht erkennen. Es scheint einfach so eine Urheberrechtsdenke zu sein: Der Schöpfer muss ausbezahlt werden, egal was.
Alter: https://ourworldindata.org/grapher/median-age?country=CHN~JPN~IND~BRA~RUS~GBR~USA~NGA~DEU