[…]
Es scheint für viele schwer erträglich zu sein, dass die Partei keine Kopie der Grünen sein will, also früher mal friedensbewegt und heute „realpolitisch“ nur noch in einer militärischen Logik denkend, egal was es kostet. Dabei ist genau das der Wert der Linken: dass es im Bundestag wenigstens eine Stimme gibt, die nicht einfach mitmarschiert, sondern die Renaissance des Militärischen in Frage stellt. Ohne dabei entweder naiv oder mutwillig – wie die Kremlparteien AfD und BSW – die reale Bedrohung der europäischen Ordnung durch Putins Russland zu ignorieren.
Etwas mehr Rationalität würde der Debatte um die angeblich unumgängliche drastische Erhöhung der Verteidigungsausgaben guttun. So hat der Linken-Vorsitzende Jan van Aken recht, wenn er feststellt, dass bei den Militärausgaben kaufkraftbereinigt jährlich 430 Milliarden US-Dollar der europäischen Nato-Staaten 300 Milliarden US-Dollar Russlands gegenüberstehen. Ebenso eigentümlich ist es, wenn ignoriert wird, dass die Nato konventionell Russland weit überlegen ist. Da braucht es kein neues „Sondervermögen“, auch wenn das gerade die herrschende Meinung ist.
Eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse wäre hingegen mit der Linken kein Problem: gegen die war sie von Anfang an. Damit ließen sich dann auch höhere Verteidigungsausgaben finanzieren. Eine andere Möglichkeit wäre, die Einnahmeseite des Bundeshaushalts zu verbessern, beispielsweise durch eine Reichensteuer. Dafür würde eine ganz normale Regierungsmehrheit reichen, wobei die Linke sicherlich zustimmen würde. Aber die Prioritäten derjenigen, die so laut tönen, es müsste drastisch aufgerüstet werden, sind dann offenkundig doch andere.
Wie absurd die gegenwärtige Diskussion ist, zeigt sich schon daran, dass dieselben, die behaupten, die EU-Staaten müssten jetzt Fantastilliarden ausgeben, um sich vor Russland zu schützen, ebenso behaupten, die EU-Staaten könnten der Ukraine auch ohne die USA zu einem Sieg über Russland verhelfen. Das eine wie das andere ist falsch. Was allerdings richtig ist: Auch wenn die USA ihre militärische Unterstützung für die Ukraine einstellen, könnten die europäischen Staaten dafür sorgen, dass Russland seinen Krieg nicht gewinnt.
[…]
Ja, dass die Linkspartei Waffenlieferungen an die Ukraine weiterhin ablehnt, kann und sollte kritisiert werden. Ohne die militärische Unterstützung des Westens hätte das angegriffene Land der Aggression Russlands nicht bis heute standhalten können.
[…]
Aber das Dilemma, in dem sich die Ukraine-Solidarität befindet, ist nicht der Linken geschuldet. Das Problem ist doch eher, dass die EU-Staaten mit der BRD vorneweg in den vergangenen Jahren nicht – wie von der Partei gefordert – bereit waren, eigenständige diplomatische Initiativen zum Beispiel mit China und anderen Brics-Staaten zur Lösung des Konflikts zu starten. Keine Ahnung, ob sie Erfolg gehabt hätten. Aber stattdessen nur auf die USA und sonst bloß auf Waffenlieferungen zu setzen, war ein Fehler.
Der IISS hat da ein dickes Ei gelegt und kaufkraftbereinigte mit nicht bereinigten Zahlen verglichen, Anders Puck Nielsen hat da ein Video
Europa könnte Russland – gerade in seinem jetzigem Zustand – schon selbst schlagen aber bequem wäre das nicht. Wir wollen nicht in eine Situation rutschen wo wir uns zwischen Selbstverteidigung und unserer wirtschaftlichen Stellung in der Welt entscheiden müssen, Kriegswirtschaft ist allgemein nicht so dolle, deshalb ist es wichtig genügend auf Lager zu haben, und auch genügend Produktionskapazitäten, damit es im Ernstfall nicht eng wird weil erstmal nachgeholt werden muss. Merkt man ja jetzt auch ganz schön im Moment: Eigentlich müssten wir in der Lage sein der Ukraine mehrere Panzer am Tag zu schicken ohne auch nur in’s Schwitzen zu kommen.
Viel Geld könnte man alleine schon durch gemeinsame Beschaffung sparen, denn bei Kriegsgerät kommt es gerne mal vor dass man für doppelt so viel Geld die zehnfache Menge kriegt, diese ganzen nationalen Kleinserien sind Geldverschwendung. Klar, wenn die Briten einen Panzer kaufen dann muss da ein Teekessel rein aber sowas kann man auch modular machen. Kannst auch weiterhin Deutschland auf Ketten und Frankreich auf Rädern haben aber die Türme sollten sich schon austauschen lassen.
An einigen Ecken und Enden wird Rüstung allein deshalb jetzt etwas mehr kosten weil US-Systeme ersetzt werden müssen und dazu bei den Herstellern komplett neue Kompetenzen erschaffen werden müssen. SeaHawks z.B, gibt keinen anständigen europäischen Marineschrauber. Die deutschen fliegen schön halten aber leider keine salzige Luft aus, wo gibt’s die denn auch schon auf hoher See.
Danke! Das habe ich nicht gewusst.
Die grundsätzliche Aussage bleibt jedoch auch in dem Video, da wir zwar teure, aber nicht ausreichend vorhandene und robuste Waffen und Gerät haben, um Russland wirklich glaubhaft abschrecken zu können.
In den anderen Punkten stimme ich dir vollkommen zu und es ist meine große Hoffnung, dass dies jetzt der endgültige Anlass ist, dass dort etwas in Bewegung kommt. Europa ist eigentlich stark genug, dass uns sowohl Trump als auch Putin egal sein können müssten.