Die zwei Grundfragen jeder Modernisierungspolitik lauten: Woher kommt das Geld? Und will die Gesellschaft das überhaupt? Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind nun beide Fragen unbeantwortet.
Ausgerechnet die alte Groko ist wieder zum Wunschbild vieler Deutscher geworden. Das Regierungsbündnis also, das den Modernisierungsstau, über den die Ampelkoalition gerade stolpert, letztlich zu verantworten hat. Denn zwei Dinge haben die Projekte gemeinsam, die der von Karlsruhe gestoppte Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanzieren sollte: Sie stehen nun auf der Kippe. Und sie hätten schon vor Jahren angeschoben werden sollen, nein: müssen.
Klima- und Transformationspolitik ist mittlerweile so populär wie Fußpilz. Dass über Jahre zu wenig in die analoge und digitale Infrastruktur investiert wurde, dass viele Schulen in peinlichem Zustand, Brücken marode, Schienen nicht befahrbar und Windräder nicht in ausreichendem Maße aufgestellt worden sind - das alles ist aus Sicht vieler Menschen offenbar nicht so schlimm wie die in Beton gegossene Schuldenbremse und der Wunsch nach Ruhe im Regierungsbündnis.
Der “schwäbischen Hausfrau” war der ausgeglichene Haushalt so wichtig, dass sie nicht merkte, wie ihre Wohnung immer gammeliger wurde. Dabei wissen echte Schwaben, dass Besitz gepflegt werden muss. Für diese Pflege fehlen nun 60 Milliarden Euro, vielleicht mehr, wenn die Union auch noch, wie gestern angedroht, gegen den Wirtschaftsstabilitätsfonds klagen und dieser sich dann ebenfalls als verfassungswidrig herausstellen sollte. Das ist eine Katastrophe - für uns alle.
Denn die Ampel hat nicht nur ein schweres Erbe angetreten, sie hat sich auch als genauso stark zerstrittene Nachlassgemeinschaft herausgestellt, wie befürchtet worden war. Zwar ist die allgemeine Verdamnis der Ampel-Arbeit nicht fair: die Sicherung der Energieversorgung im vergangenen Winter, das Deutschlandticket, der 12-Euro-Mindestlohn, das Hochfahren der Energiewende, die zwar zögerliche, aber doch beispiellose Unterstützung der Ukraine - all das sind nur Beispiele dafür, dass diese Koalition auch vieles richtig gemacht hat.
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Dennoch steht die Politik der Ampel seit gestern unter einem massiven Finanzierungsvorbehalt. Fratzscher hofft deshalb, dass das Urteil zu einer Reform der Schuldenbremse führen wird: “Sie ist nicht zeitgemäß, weil sie der Politik notwendigen Spielraum nimmt, um Krisen zu bekämpfen und dringende Zukunftsinvestitionen zu tätigen - in Bildung, Klimaschutz, Innovation und Infrastruktur.”
Das sieht nicht nur Fratzscher so, auch der Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, hält die Schuldenbremse für “aus der Zeit gefallen”. Die Transformation zur Klimaneutralität erfordere andere Lösungen - “aus Gründen der Effizienz und der Generationengerechtigkeit”. Der IW-Chef rechnet vor, dass es den Spielraum dafür gäbe: Auch bei einer Anhebung der Schuldenbremse von 0,35 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts würden die deutschen Staatsschulden deutlich sinken. “Das würde allein im kommenden Jahr eine zusätzliche Verschuldung von rund 50 Milliarden Euro erlauben, ohne die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen zu gefährden.”
Sowohl mit der FDP als auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz wird dies allerdings nicht zu machen sein, und auch eine unionsgeführte Regierung würde eine Reform der Schuldenbremse scheuen wie der Teufel das Weihwasser - zu vergiftet ist die politische Debatte rings um das Thema. CDU-Chef Friedrich Merz kündigte bereits an, von der Union werde die Ampel für eine Lockerung der Schuldenbremse “keine Zustimmung bekommen”.
Union und FDP dürfen darauf hoffen, für ihre Haltung zur Schuldenbremse in den Umfragen belohnt zu werden. Die Politik der Ampel, sich mit haushaltspolitischen Tricks den Spielraum für eine Modernisierung des Landes zu schaffen, ist krachend gescheitert. Ob sie die anstehenden Konflikte übersteht, ist ungewiss - ob eine Nachfolgeregierung die Kraft zu einer nachhaltigen Modernisierungspolitik findet, noch viel ungewisser. Hier liegt die Katastrophe. Die Politik hat sich in eine Sackgasse hineindiskutiert.
oder halt sinnvoll Schulden machen, das Geld investieren und dann zurückzahlen. Die Grüne Transformation macht man nur einmal.
Dafür müsste man halt die dämliche Schuldenbremse abschaffen, oder zumindestens modifizieren.
Es gibt da noch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel Staatsunternehmen mit neuem Stammkapital füttern. Da bietet sich die Deutsche Bahn an, aber da geht auch sozialer Wohnungsbau, Energieversorgung und eine ganze Menge mehr.
Das ist der Punkt, Möglichkeiten sind trotz Schuldenbremse da aber werden nicht genutzt. 100 Mrd. für Panzer und Raketen wurden auch nicht vom Bundesverfassungsgericht abgeräumt. Und die Investitionsgesellschaften könnte man schon mal bemühen, hat Habeck sogar in einigen Interviews so gesagt. Muss wohl die “Führung” sein, die wir bei Warburg Olaf bestellt haben.
Die 100Mrd stehen im Grundegesetz.
I know. Spricht ja nichts dagegen einen Klima-/Infrastruktur-Notstand auszurufen. Aktuell scheint mir die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit/Wohlstandswahrung/Demokratie/Biodiversität akut gefährdet. Problem ist doch wenn man wirklich will, finden sich Lösungen. Aktuell sehe ich ein Versteckspiel hinter Regeln, von denen zahlreiche Experten sagen, dass sie keinen Sinn machen.