Die Linkspartei gibt sich modern, folgt aber außenpolitisch alten Dogmen. Ihre verklärte Russlandpolitik bekommt vor allem die Ukraine zu spüren. Das muss sich ändern.
Eigentlich will doch Donnie selber keine Waffen mehr liefern. Nach deiner Logik müsste die Linke ja dann umschwenken.
Was wahr ist, ist dass die Linke eigentlich immer konsequent auf der Seite steht, die keine Waffen oder Soldaten in ausländische Konflikte schicken will. Zufällig wollen die USA diese halt meistens anheizen.
Unbestreitbar ist jedoch, dass sie, wenn auch nicht direkt beabsichtigt, einem Aggressor wie Putin Beihilfe leistet, da sie selbst einem schwächeren Angegriffenen aus dogmatischen Gründen die Hilfe verweigert.
Unbestreitbar ist hier gar nichts. “Waffen verweigern” ist nicht das gleiche wie “Hilfe verweigern”. Putins schrottreife Tankerflotte nicht mehr aus der Ostsee zu lassen, wie es die Linke fordert, würde den um ein Vielfaches härter treffen als alle Leoparden, die wir bisher geschickt haben. Nur könnte die heilige Wirtschaft dann nicht über Mittelsmänner doch noch irgendwie russisches Öl kaufen.
Unbestreitbar ist hier gar nichts. “Waffen verweigern” ist nicht das gleiche wie “Hilfe verweigern”. Putins schrottreife Tankerflotte nicht mehr aus der Ostsee zu lassen, wie es die Linke fordert, würde den um ein Vielfaches härter treffen als alle Leoparden, die wir bisher geschickt haben.
Wie hart die Sanktionen treffen, ist für das akute Problem der Invasion scheißegal, denn die wirken erst mit Verzögerung. Sanktionen sind wichtig, aber nur als Teil des Gesamtpakets.
Putins Truppen marschieren gerade immer noch in der Ukraine ein. Keine Sanktionen der Welt können die da aufhalten. Um die aufzuhalten, braucht es nun mal wirksame Waffen in ausreichender Zahl. Man kann sich da allerhand pazifisitische Pseudolösungen mit Sanktionen und Verhandlungen zusammenschwurbeln, um sich das Gewissen zu erleichtern, aber das akute Problem der Invasion werden auch die wirksamen unter ihnen nicht dann lösen, wann es zu lösen wäre, um unnötigen Schaden und Leid zu verhindern. Denn je schneller die Invasion aufgehalten und zurückgeschlaggen wird, um so weniger Schaden richtet sie an.
Und bevor jetzt wieder irgendwelches Friedensgeschwurbel mit an den Haaren herbeigezogenen Bedenken über weitreichende Waffen kommt, das Recht auf Selbstverteidigung behinhaltet ausdrücklich auch Angriffe auf generische Logistik im Hinterland.
Eigentlich will doch Donnie selber keine Waffen mehr liefern. Nach deiner Logik müsste die Linke ja dann umschwenken.
Das stimmt und das wird jetzt noch spannend. Jetzt wird sich herauskristallisieren, was das eigentliche ‘Feindbild’ ist. Ist es ‘Amerika’, das jetzt offenbar mit Russland gemeinsame imperialistische Sache machen will, müsste die Linke eigentlich umschwenken. Ist es etwas diffuseres wie ‘der Westen’ oder ‘NATO’, dann nicht, denn an deren Zerstörung arbeitet ja auch Trump.
Zufällig wollen die USA diese halt meistens anheizen.
Wenn es darum geht, der Ukraine die Waffen zu geben, um sich gegen die Eroberungs- und Vernichtungsambitionen eines einmarschierenden großen Nachbarn zu verteidigen, würdest du das ‘anheizen’ nennen?
“Waffen verweigern” ist nicht das gleiche wie “Hilfe verweigern”
In einem Krieg geht es leider primär um den Kampf. Die anderen Dinge kann/muss man gern flankierend machen, aber sie sind kein Ersatz für die eigentliche Verteidigung. Ich verstehe den Wunsch der Linken, aber man kann der Notwendigkeit von Waffen eben nicht immer ausweichen.
Indem sich die Linke diesem Problem aber nicht stellt, verweigert sie der Ukraine das Fundament der Verteidigung und damit die eigentliche Grundhilfe. Der Vorwurf ist die logische Konsequenz aus ihrem Unwillen, eine kategorische Haltung im Einzelfall an die realen Gegebenheiten anzupassen.
Jetzt wird sich herauskristallisieren, was das eigentliche ‘Feindbild’ ist.
Du scheinst tatsächlich zu glauben, dass die Haltung der Linken in diesem Fall, einem reinen “gegen das Feindbild”, anstatt einem “für eigene Positionen” entspricht. Das ist schlicht nicht (mehr) der Fall. Ich stimme mit van Aken außenpolitisch, im Übrigen, auch nicht überein - aber seine Positionen sind eben nicht “NATO/USA böse!” Er bezieht sich auf eine From der akademischen Erforschung von Konflikten und deren Lösung.
Jetzt stimme ich persönlich nicht mit ihm in allen Punkten der Ukraine-Politik überein, da ich glaube, dass die Ukraine mit Waffen - vor allem aber mit Artilleriemunition - zu versorgen in diesem Fall nicht eskalativ ist, solange es mit anderen Mitteln einhergeht. Stattdessen halte ich es für eines der wichtigsten Druckmittel, Russland zu einem Verhandeln auf Augenhöhe zu bewegen. Ich glaube, die Erfahrungen aus anderen Konflikten können nur bedingt auf einen Akteur wie Russland zZ angewendet werden, und ja, ich glaube diese Form von Konfliktforschung hätte sich auch in anderen Fällen historisch vertan, am Ende gar das Appeasement zu Hitler in Wirkung überschätzt. Das ist meine Meinung, da widersprechen mir manche, das ist auch eine der Positionen im Parteidiskurs, ist ja nicht so, als wäre das eine Kaderpartei, wo von oben herunter diktiert wird. Zudem halte ich seine Idee, China in diesem Konflikt stärker einzubinden für nicht so erfolgversprechend, da Putin denke ich weniger als er denkt nach Chinas Pfeife tanzen würde. Er überschätzt auch glaube ich aus der Vergangenheit, wie handlungsfähig die UN zur Konfliktbewältigung sein kann, sie hat durchaus mehr geholfen als ihr Ruf in der Vergangenheit, aber mit USA, Russland und China gleichermaßen am neuen geopolitischen Status Quo interessiert, sehe ich da keine guten Chancen, ehrlich gesagt.
Aber wichtig: Er macht das aus, in meinen Augen, Fehlannahmen innerhalb dieses akademischen Felds der "Friedens"Forschung. Er macht das nicht, weil er emotional-intuitiv, oder gar perfide geplant, alles machen möchte, was “dem Westen” schadet, oder “den USA” schadet.
Zugleich stellt er aber manchmal auch richtige Fragen - warum wurde das Sanktionenpotential eigentlich noch nicht ausgeschöpft? Warum wurde so wiederkäuerisch über Aufrüstung in der EU geredet, wenn Russland in einem konventionellen Krieg gerade nicht mal die Ukraine klein bekommt - selbst mit Munitionslieferungen aus dem mächtigen Nordkorea? Er war zudem in der Berliner Runde der einzige, den ich gesehen habe, der klar gesagt hat: Das, was uns bevorsteht, ist Hinterhof-Großmachtpolitik, praktisch wie im 19. Jahrhundert: USA und Russland tauschen mal Teile der Ukraine gegen Panama, China vll. irgendwann mal Taiwan mit den USA gegen Korea oder so Späßchen. Und wenn es ein Feindbild der Linken gibt, dann genau diese Form der Politik ohne internationale Standards.
Meine persönliche Haltung: Es wird ständig von Sondervermögen der Bundeswehr usw. geredet, und ja, einige Punkte mussten klar aufgeholt werden, meinetwegen, um überhaupt das, was man hat im Zweifel benutzbar zu haben. Aber: wenn die Bedrohung durch Putin und die Sicherheit Europas/der Ukraine das Ziel ist, warum dann Schuldenbremse dafür freimachen, anstatt für Milliarden für die Ukraine? Das waren so Dinge, die ich mich die ganze Zeit gefragt hatte.
Mir fällt auf jeden Fall auf: Die Linke wird gerade sehr gerne als die total dogmatische Partei dargestellt, die außenpolitisch den Untergang der Welt bedeuten würde. Als wäre sie kurz davor, allein regierend alle ihre Maximalforderungen durchzusetzen. Ihre Position - auch aus meiner, persönlichen, Sicht ist diese gerade nocht die Situation verkennend - wird allerdings behandelt wie eine dogmatische, unveränderliche Position, die ebenso gefährlich wäre, wie die AfD. Dabei hat sie sich klarerweise schon bewegt.
Ich kann nur sagen: Es entwickelt sich gerade viel, mit BSW sind viele alte Dogmatiker raus, die “Kommunistische” Plattform in der Linken hat zuletzt erst gejammert, dass alle ihre Punkte abgelehnt, ja, gar nicht besprochen wurden auf dem Parteitag und niemand mehr die NATO verantwortlich machen will. Wenn ich gerade im Moment davon lese, wie auf Reaktion des Erfolgs der Linken ihre außenpolitische Position - oft auch noch verzerrt - in den Fokus genommen wird, dann frage ich mich, warum eigentlich nicht der Mietenspiegel, Mindestlohn, Sozialpolitik und all die anderen Positionen der Partei?
Aber wichtig: Er macht das aus, in meinen Augen, Fehlannahmen innerhalb dieses akademischen Felds der "Friedens"Forschung. Er macht das nicht, weil er emotional-intuitiv, oder gar perfide geplant, alles machen möchte, was “dem Westen” schadet, oder “den USA” schadet.
Das Problem für mich ist, dass die Friedensforschung an sich schon einen “intuitiven” Gegensatz zu “Amerika/Westen/NATO” hat. Das mag historisch durchaus seine Berechtigung gehabt haben, scheitert jedoch momentan an der Situation, in der der imperiale Aggressor eben nicht mehr ‘Amerika’, sondern ‘Russland’ heißt. Die Friedensforschung schaut auf Konflikte in der Tendenz eher so, dass “unsere” Seite der Aggressor ist und will dem ein Gegengewicht sein. Sie bietet jedoch keine realistische Antwort auf die Probleme, die bspw. die Ukraine 2022 hat, als sie überfallen wurde und Waffen zur Verteidigung brauchte. Ich will nicht sagen, dass bspw. van Aken nur emotional-intuitiv argumentiert, sondern dass der Webfehler schon in der Denkschule der Friedensforschung steckt. Der fromme Wunsch des Pazifismus hätte die Ukraine nicht bis heute auf der Landkarte gehalten, dieser stumpfen Wahrheit muss man sich leider stellen.
Die Linke wird gerade sehr gerne als die total dogmatische Partei dargestellt, die außenpolitisch den Untergang der Welt bedeuten würde.
Wenn es um Waffenlieferungen geht, vertritt sie auch total dogmatische Positionen. Mir fehlt der Realismus, dass man bestimmte Wünsche zwar als Ziele definiert, aber ebenso offen anerkennt, dass es Situationen gibt, wo man das Gegenteil tun muss. Tut man das nicht, dann landet man eben im Dogmatismus.
Ich kann nur sagen: Es entwickelt sich gerade viel, mit BSW sind viele alte Dogmatiker raus
Ja, das wäre ja erfreulich. Ich merke halt nur, dass es viele gibt, die offenbar trotzdem noch partout an alten Zöpfen festhalten wollen und bestimmte Ansichten konservieren wollen.
Wenn es um Waffenlieferungen geht, vertritt sie auch total dogmatische Positionen. Mir fehlt der Realismus, dass man bestimmte Wünsche zwar als Ziele definiert, aber ebenso offen anerkennt, dass es Situationen gibt, wo man das Gegenteil tun muss. Tut man das nicht, dann landet man eben im Dogmatismus.
Prinzipiell finde ich das eine legitime Kritik, allerdings ist für mich noch ein wichtiger Punkt für Dogmatismus nötig: Dass es keine Diskussion, keine Bewegung geben kann, und, dass keinerlei objektive, sondern nur eine affirmierende, Analyse stattfindet. Ich glaube nicht, dass aus Dogmatismus die Einschätzung gemacht wurde, sondern aus einer Fehleinschätzung der Situation.
Das Problem für mich ist, dass die Friedensforschung an sich schon einen “intuitiven” Gegensatz zu “Amerika/Westen/NATO” hat. Das mag historisch durchaus seine Berechtigung gehabt haben, scheitert jedoch momentan an der Situation, in der der imperiale Aggressor eben nicht mehr ‘Amerika’, sondern ‘Russland’ heißt. Die Friedensforschung schaut auf Konflikte in der Tendenz eher so, dass “unsere” Seite der Aggressor ist und will dem ein Gegengewicht sein.
Uff, ich bin auch kritisch gegenüber Teilen dieses Bereichs im Diskurs, aber das stimmt so nicht so ganz, selbst bei einem alten Greenpeace-Eisen wie van Aken sind nicht mehr die 70er. Und auch damals wurde z.B. nicht einfach jede sowjetische Aggression abgenickt oder so. Handlungsfähigkeit von Russland, China und co. werden schon anerkannt, der Fokus liegt halt in dem “was können wir selbst machen, ohne den Konflikt zu eskalieren.” Erneut - ich widerspreche bei dem Punkt tatsächlich auch, aber es ist nicht so, dass nur die eigene Seite als Aggressor analysiert und behandelt wird.
Ich will nicht sagen, dass bspw. van Aken nur emotional-intuitiv argumentiert, sondern dass der Webfehler schon in der Denkschule der Friedensforschung steckt. Der fromme Wunsch des Pazifismus hätte die Ukraine nicht bis heute auf der Landkarte gehalten, dieser stumpfen Wahrheit muss man sich leider stellen.
Das sehe ich tatsächlich genauso. Wo ich den, noch starken, aber nicht alleinigen, Flügel in der Partei und im politischen Diskurs allerdings noch wertvoll finde, ist, wo er zugleich manchmal sehr richtigerweise Rüstung als eine selbst fast schon dogmatisch gedachte Antwort kritisiert. Trotzdem - Ja, hier bin ich nicht auf Linie, und hier gibt es Diskussionen, mit hin- und herbewegungen. So wie du hoffentlich jetzt auch nicht mehr denkst, dass diese Positionen einem reinen Lagerdenken entspringen.
Sie bietet jedoch keine realistische Antwort auf die Probleme, die bspw. die Ukraine 2022 hat, als sie überfallen wurde und Waffen zur Verteidigung brauchte.
Da stimme ich 100 % mit überein. Tatsächlich hatte allerdings auch das politische Establishment keine realistische Antwort. Sanktionen wurden sehr selektiv verhängt, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Massive Rüstungsbudgets wurden auch freigegeben - von denen am Ende verhältnismäßig gar nicht viel in der Ukraine gelandet ist. Fast so, als wäre auch im politischen Status Quo anerkannt gewesen, dass es das Grundphänomen der Eskalation gibt (also ist dies nicht etwa eine dogmatische Position der Linken), und es mehr Interessenverflechtungen hinter der Rüstungsfrage gab, als die Bedrohung durch Russland und die Hilfe an die Ukraine. Viele der Waffenlieferungen der USA etwa waren ja vielfach auch ein gutes Geschäft - oft Systeme, die sonst irgendwann teurer verschrottet und ohnehin ersetzt werden mussten. (Um so heuchlerischer jetzt auch Trumps Erpressungsversuche gegenüber der Ukraine, wegen dieser “Kosten”). Und ständig blieben die Lieferungen den Forderungen hinterher - selbst wenn “Hawks” in der NATO lieferten.
Ja, das wäre ja erfreulich. Ich merke halt nur, dass es viele gibt, die offenbar trotzdem noch partout an alten Zöpfen festhalten wollen und bestimmte Ansichten konservieren wollen.
Einzelne Menschen mit dogmatischen, veralteten Positionen sind aber auch != eine grundlegend dogmatische Partei. Besonders mit so vielen neuen, jungen Menschen, die jetzt mitmachen, sehe ich nur mehr und mehr Potential für Bewegung, so das man hoffentlich bald eine bessere Position zwischen “keine Waffenlieferungen!” und “neue hohe Rüstungsausgaben - und dafür Neuverschuldung - aber sonst nicht - und wie viel davon tatsächlich an die Ukraine geht, während das Sanktionspotential immer noch nicht ausgeschöpft ist, lassen wir auch offen” gibt.
Erneut: Meine eigene Position in speziell dieser Frage ist zurzeit nicht die der Linken. Ich bin schon eine Weile Mitglied der Linken. Es wurde nicht diktiert und anhand eines Dogmas festgelegt, was diese Position am Ende war. Und ich habe es nicht empfunden, als wird die Frage von hinten her mit vorher unbewegbarem, feststehendem Ergebnis behandelt. Ich empfinde es schlicht als eine fehlerhafte Position, genauso wie die des politischen Status Quo in meinen Augen fehlerhaft ist, nur mit anderen Prämissen - aber nicht Dogmen.
dass keinerlei objektive, sondern nur eine affirmierende, Analyse stattfindet.
Gab es diese offene, objektive Analyse denn bei den Linken während der vergangenen 3 Jahre Krieg? Denn von Außen sieht man nur eine Partei, die durchgehend die gleiche kategorische Ablehnungshaltung hat und daher diesen dogmatischen Eindruck hinterlässt.
aber es ist nicht so, dass nur die eigene Seite als Aggressor analysiert und behandelt wird.
Das nicht. Ich würde aber schon behaupten, dass die Bewegung aus dieser Perspektive erwachsen ist und sie daher in der Tendenz noch immer vorhanden ist. Ich glaube weiterhin, dass es den Anhängern der Bewegung schon leichter fällt, amerikanischen Imperialismus klar zu erkennen und zu verdammen als chinesischen oder russischen.
wo er zugleich manchmal sehr richtigerweise Rüstung als eine selbst fast schon dogmatisch gedachte Antwort kritisiert.
Nur, dass wir uns richtig verstehen: Rüstung ist nicht die ausschließliche Universalantwort auf alles. Aber ich denke schon, dass es etwas ist, was wir in diesen Zeiten als ersten Schritt gehen müssen und an dem wir nicht vorbeikommen. Das schließt jedoch keinesfalls andere, weitere Schritte aus.
Viele der Waffenlieferungen der USA etwa waren ja vielfach auch ein gutes Geschäft
Gerade deshalb müssen wir ja auch einen Gegenpol schaffen. Nicht liefern, um daran zu verdienen und aus dem Krieg ein Geschäft zu machen, sondern liefern, um tatsächlich zu helfen. Wenn wir das tun würden/könnten, könnten die Amerikaner so zynische Dinge auch nicht abziehen.
Besonders mit so vielen neuen, jungen Menschen, die jetzt mitmachen, sehe ich nur mehr und mehr Potential für Bewegung
Ja, ich auch. Insofern bin ich sehr gespannt, wie es mit der Partei weitergeht.
In jedem Fall vielen Dank für deine Worte und Einsichten!
Eigentlich will doch Donnie selber keine Waffen mehr liefern. Nach deiner Logik müsste die Linke ja dann umschwenken.
Was wahr ist, ist dass die Linke eigentlich immer konsequent auf der Seite steht, die keine Waffen oder Soldaten in ausländische Konflikte schicken will. Zufällig wollen die USA diese halt meistens anheizen.
Unbestreitbar ist hier gar nichts. “Waffen verweigern” ist nicht das gleiche wie “Hilfe verweigern”. Putins schrottreife Tankerflotte nicht mehr aus der Ostsee zu lassen, wie es die Linke fordert, würde den um ein Vielfaches härter treffen als alle Leoparden, die wir bisher geschickt haben. Nur könnte die heilige Wirtschaft dann nicht über Mittelsmänner doch noch irgendwie russisches Öl kaufen.
Wie hart die Sanktionen treffen, ist für das akute Problem der Invasion scheißegal, denn die wirken erst mit Verzögerung. Sanktionen sind wichtig, aber nur als Teil des Gesamtpakets.
Putins Truppen marschieren gerade immer noch in der Ukraine ein. Keine Sanktionen der Welt können die da aufhalten. Um die aufzuhalten, braucht es nun mal wirksame Waffen in ausreichender Zahl. Man kann sich da allerhand pazifisitische Pseudolösungen mit Sanktionen und Verhandlungen zusammenschwurbeln, um sich das Gewissen zu erleichtern, aber das akute Problem der Invasion werden auch die wirksamen unter ihnen nicht dann lösen, wann es zu lösen wäre, um unnötigen Schaden und Leid zu verhindern. Denn je schneller die Invasion aufgehalten und zurückgeschlaggen wird, um so weniger Schaden richtet sie an.
Und bevor jetzt wieder irgendwelches Friedensgeschwurbel mit an den Haaren herbeigezogenen Bedenken über weitreichende Waffen kommt, das Recht auf Selbstverteidigung behinhaltet ausdrücklich auch Angriffe auf generische Logistik im Hinterland.
Das stimmt und das wird jetzt noch spannend. Jetzt wird sich herauskristallisieren, was das eigentliche ‘Feindbild’ ist. Ist es ‘Amerika’, das jetzt offenbar mit Russland gemeinsame imperialistische Sache machen will, müsste die Linke eigentlich umschwenken. Ist es etwas diffuseres wie ‘der Westen’ oder ‘NATO’, dann nicht, denn an deren Zerstörung arbeitet ja auch Trump.
Wenn es darum geht, der Ukraine die Waffen zu geben, um sich gegen die Eroberungs- und Vernichtungsambitionen eines einmarschierenden großen Nachbarn zu verteidigen, würdest du das ‘anheizen’ nennen?
In einem Krieg geht es leider primär um den Kampf. Die anderen Dinge kann/muss man gern flankierend machen, aber sie sind kein Ersatz für die eigentliche Verteidigung. Ich verstehe den Wunsch der Linken, aber man kann der Notwendigkeit von Waffen eben nicht immer ausweichen.
Indem sich die Linke diesem Problem aber nicht stellt, verweigert sie der Ukraine das Fundament der Verteidigung und damit die eigentliche Grundhilfe. Der Vorwurf ist die logische Konsequenz aus ihrem Unwillen, eine kategorische Haltung im Einzelfall an die realen Gegebenheiten anzupassen.
Du scheinst tatsächlich zu glauben, dass die Haltung der Linken in diesem Fall, einem reinen “gegen das Feindbild”, anstatt einem “für eigene Positionen” entspricht. Das ist schlicht nicht (mehr) der Fall. Ich stimme mit van Aken außenpolitisch, im Übrigen, auch nicht überein - aber seine Positionen sind eben nicht “NATO/USA böse!” Er bezieht sich auf eine From der akademischen Erforschung von Konflikten und deren Lösung.
Jetzt stimme ich persönlich nicht mit ihm in allen Punkten der Ukraine-Politik überein, da ich glaube, dass die Ukraine mit Waffen - vor allem aber mit Artilleriemunition - zu versorgen in diesem Fall nicht eskalativ ist, solange es mit anderen Mitteln einhergeht. Stattdessen halte ich es für eines der wichtigsten Druckmittel, Russland zu einem Verhandeln auf Augenhöhe zu bewegen. Ich glaube, die Erfahrungen aus anderen Konflikten können nur bedingt auf einen Akteur wie Russland zZ angewendet werden, und ja, ich glaube diese Form von Konfliktforschung hätte sich auch in anderen Fällen historisch vertan, am Ende gar das Appeasement zu Hitler in Wirkung überschätzt. Das ist meine Meinung, da widersprechen mir manche, das ist auch eine der Positionen im Parteidiskurs, ist ja nicht so, als wäre das eine Kaderpartei, wo von oben herunter diktiert wird. Zudem halte ich seine Idee, China in diesem Konflikt stärker einzubinden für nicht so erfolgversprechend, da Putin denke ich weniger als er denkt nach Chinas Pfeife tanzen würde. Er überschätzt auch glaube ich aus der Vergangenheit, wie handlungsfähig die UN zur Konfliktbewältigung sein kann, sie hat durchaus mehr geholfen als ihr Ruf in der Vergangenheit, aber mit USA, Russland und China gleichermaßen am neuen geopolitischen Status Quo interessiert, sehe ich da keine guten Chancen, ehrlich gesagt.
Aber wichtig: Er macht das aus, in meinen Augen, Fehlannahmen innerhalb dieses akademischen Felds der "Friedens"Forschung. Er macht das nicht, weil er emotional-intuitiv, oder gar perfide geplant, alles machen möchte, was “dem Westen” schadet, oder “den USA” schadet.
Zugleich stellt er aber manchmal auch richtige Fragen - warum wurde das Sanktionenpotential eigentlich noch nicht ausgeschöpft? Warum wurde so wiederkäuerisch über Aufrüstung in der EU geredet, wenn Russland in einem konventionellen Krieg gerade nicht mal die Ukraine klein bekommt - selbst mit Munitionslieferungen aus dem mächtigen Nordkorea? Er war zudem in der Berliner Runde der einzige, den ich gesehen habe, der klar gesagt hat: Das, was uns bevorsteht, ist Hinterhof-Großmachtpolitik, praktisch wie im 19. Jahrhundert: USA und Russland tauschen mal Teile der Ukraine gegen Panama, China vll. irgendwann mal Taiwan mit den USA gegen Korea oder so Späßchen. Und wenn es ein Feindbild der Linken gibt, dann genau diese Form der Politik ohne internationale Standards.
Meine persönliche Haltung: Es wird ständig von Sondervermögen der Bundeswehr usw. geredet, und ja, einige Punkte mussten klar aufgeholt werden, meinetwegen, um überhaupt das, was man hat im Zweifel benutzbar zu haben. Aber: wenn die Bedrohung durch Putin und die Sicherheit Europas/der Ukraine das Ziel ist, warum dann Schuldenbremse dafür freimachen, anstatt für Milliarden für die Ukraine? Das waren so Dinge, die ich mich die ganze Zeit gefragt hatte.
Mir fällt auf jeden Fall auf: Die Linke wird gerade sehr gerne als die total dogmatische Partei dargestellt, die außenpolitisch den Untergang der Welt bedeuten würde. Als wäre sie kurz davor, allein regierend alle ihre Maximalforderungen durchzusetzen. Ihre Position - auch aus meiner, persönlichen, Sicht ist diese gerade nocht die Situation verkennend - wird allerdings behandelt wie eine dogmatische, unveränderliche Position, die ebenso gefährlich wäre, wie die AfD. Dabei hat sie sich klarerweise schon bewegt.
Ich kann nur sagen: Es entwickelt sich gerade viel, mit BSW sind viele alte Dogmatiker raus, die “Kommunistische” Plattform in der Linken hat zuletzt erst gejammert, dass alle ihre Punkte abgelehnt, ja, gar nicht besprochen wurden auf dem Parteitag und niemand mehr die NATO verantwortlich machen will. Wenn ich gerade im Moment davon lese, wie auf Reaktion des Erfolgs der Linken ihre außenpolitische Position - oft auch noch verzerrt - in den Fokus genommen wird, dann frage ich mich, warum eigentlich nicht der Mietenspiegel, Mindestlohn, Sozialpolitik und all die anderen Positionen der Partei?
Das Problem für mich ist, dass die Friedensforschung an sich schon einen “intuitiven” Gegensatz zu “Amerika/Westen/NATO” hat. Das mag historisch durchaus seine Berechtigung gehabt haben, scheitert jedoch momentan an der Situation, in der der imperiale Aggressor eben nicht mehr ‘Amerika’, sondern ‘Russland’ heißt. Die Friedensforschung schaut auf Konflikte in der Tendenz eher so, dass “unsere” Seite der Aggressor ist und will dem ein Gegengewicht sein. Sie bietet jedoch keine realistische Antwort auf die Probleme, die bspw. die Ukraine 2022 hat, als sie überfallen wurde und Waffen zur Verteidigung brauchte. Ich will nicht sagen, dass bspw. van Aken nur emotional-intuitiv argumentiert, sondern dass der Webfehler schon in der Denkschule der Friedensforschung steckt. Der fromme Wunsch des Pazifismus hätte die Ukraine nicht bis heute auf der Landkarte gehalten, dieser stumpfen Wahrheit muss man sich leider stellen.
Wenn es um Waffenlieferungen geht, vertritt sie auch total dogmatische Positionen. Mir fehlt der Realismus, dass man bestimmte Wünsche zwar als Ziele definiert, aber ebenso offen anerkennt, dass es Situationen gibt, wo man das Gegenteil tun muss. Tut man das nicht, dann landet man eben im Dogmatismus.
Ja, das wäre ja erfreulich. Ich merke halt nur, dass es viele gibt, die offenbar trotzdem noch partout an alten Zöpfen festhalten wollen und bestimmte Ansichten konservieren wollen.
Prinzipiell finde ich das eine legitime Kritik, allerdings ist für mich noch ein wichtiger Punkt für Dogmatismus nötig: Dass es keine Diskussion, keine Bewegung geben kann, und, dass keinerlei objektive, sondern nur eine affirmierende, Analyse stattfindet. Ich glaube nicht, dass aus Dogmatismus die Einschätzung gemacht wurde, sondern aus einer Fehleinschätzung der Situation.
Uff, ich bin auch kritisch gegenüber Teilen dieses Bereichs im Diskurs, aber das stimmt so nicht so ganz, selbst bei einem alten Greenpeace-Eisen wie van Aken sind nicht mehr die 70er. Und auch damals wurde z.B. nicht einfach jede sowjetische Aggression abgenickt oder so. Handlungsfähigkeit von Russland, China und co. werden schon anerkannt, der Fokus liegt halt in dem “was können wir selbst machen, ohne den Konflikt zu eskalieren.” Erneut - ich widerspreche bei dem Punkt tatsächlich auch, aber es ist nicht so, dass nur die eigene Seite als Aggressor analysiert und behandelt wird.
Das sehe ich tatsächlich genauso. Wo ich den, noch starken, aber nicht alleinigen, Flügel in der Partei und im politischen Diskurs allerdings noch wertvoll finde, ist, wo er zugleich manchmal sehr richtigerweise Rüstung als eine selbst fast schon dogmatisch gedachte Antwort kritisiert. Trotzdem - Ja, hier bin ich nicht auf Linie, und hier gibt es Diskussionen, mit hin- und herbewegungen. So wie du hoffentlich jetzt auch nicht mehr denkst, dass diese Positionen einem reinen Lagerdenken entspringen.
Da stimme ich 100 % mit überein. Tatsächlich hatte allerdings auch das politische Establishment keine realistische Antwort. Sanktionen wurden sehr selektiv verhängt, um die eigene Wirtschaft zu schützen. Massive Rüstungsbudgets wurden auch freigegeben - von denen am Ende verhältnismäßig gar nicht viel in der Ukraine gelandet ist. Fast so, als wäre auch im politischen Status Quo anerkannt gewesen, dass es das Grundphänomen der Eskalation gibt (also ist dies nicht etwa eine dogmatische Position der Linken), und es mehr Interessenverflechtungen hinter der Rüstungsfrage gab, als die Bedrohung durch Russland und die Hilfe an die Ukraine. Viele der Waffenlieferungen der USA etwa waren ja vielfach auch ein gutes Geschäft - oft Systeme, die sonst irgendwann teurer verschrottet und ohnehin ersetzt werden mussten. (Um so heuchlerischer jetzt auch Trumps Erpressungsversuche gegenüber der Ukraine, wegen dieser “Kosten”). Und ständig blieben die Lieferungen den Forderungen hinterher - selbst wenn “Hawks” in der NATO lieferten.
Einzelne Menschen mit dogmatischen, veralteten Positionen sind aber auch != eine grundlegend dogmatische Partei. Besonders mit so vielen neuen, jungen Menschen, die jetzt mitmachen, sehe ich nur mehr und mehr Potential für Bewegung, so das man hoffentlich bald eine bessere Position zwischen “keine Waffenlieferungen!” und “neue hohe Rüstungsausgaben - und dafür Neuverschuldung - aber sonst nicht - und wie viel davon tatsächlich an die Ukraine geht, während das Sanktionspotential immer noch nicht ausgeschöpft ist, lassen wir auch offen” gibt.
Erneut: Meine eigene Position in speziell dieser Frage ist zurzeit nicht die der Linken. Ich bin schon eine Weile Mitglied der Linken. Es wurde nicht diktiert und anhand eines Dogmas festgelegt, was diese Position am Ende war. Und ich habe es nicht empfunden, als wird die Frage von hinten her mit vorher unbewegbarem, feststehendem Ergebnis behandelt. Ich empfinde es schlicht als eine fehlerhafte Position, genauso wie die des politischen Status Quo in meinen Augen fehlerhaft ist, nur mit anderen Prämissen - aber nicht Dogmen.
Gab es diese offene, objektive Analyse denn bei den Linken während der vergangenen 3 Jahre Krieg? Denn von Außen sieht man nur eine Partei, die durchgehend die gleiche kategorische Ablehnungshaltung hat und daher diesen dogmatischen Eindruck hinterlässt.
Das nicht. Ich würde aber schon behaupten, dass die Bewegung aus dieser Perspektive erwachsen ist und sie daher in der Tendenz noch immer vorhanden ist. Ich glaube weiterhin, dass es den Anhängern der Bewegung schon leichter fällt, amerikanischen Imperialismus klar zu erkennen und zu verdammen als chinesischen oder russischen.
Nur, dass wir uns richtig verstehen: Rüstung ist nicht die ausschließliche Universalantwort auf alles. Aber ich denke schon, dass es etwas ist, was wir in diesen Zeiten als ersten Schritt gehen müssen und an dem wir nicht vorbeikommen. Das schließt jedoch keinesfalls andere, weitere Schritte aus.
Gerade deshalb müssen wir ja auch einen Gegenpol schaffen. Nicht liefern, um daran zu verdienen und aus dem Krieg ein Geschäft zu machen, sondern liefern, um tatsächlich zu helfen. Wenn wir das tun würden/könnten, könnten die Amerikaner so zynische Dinge auch nicht abziehen.
Ja, ich auch. Insofern bin ich sehr gespannt, wie es mit der Partei weitergeht.
In jedem Fall vielen Dank für deine Worte und Einsichten!