Die Lage am Wohnungsmarkt ist angespannt, es mangelt an günstigem Wohnraum. Inzwischen beklagen dies sogar Großinvestoren: Für sie wird das Immobiliengeschäft immer komplizierter. Von Ingo Nathusius.
Ich glaube bei einem so starken Mangel wie wir ihn derzeit haben gibt es nicht nur eine einzelne Ursache. Bin aber nicht vom Fach, kann also auch mit meinen Einschätzungen falsch liegen:
NIMBY ist definitiv eines der Grundprobleme. Keiner hat lust dass in seine gemütliche Einfamilienhaussiedlung ein mehrstöckiges Mietshaus, wie damals die Plattenbauten, gesetzt wird. Dabei wäre genau das notwendig, um ausreichend Wohnraum in den Städten zu schaffen.
Ein anderes sind die gestiegenen Standards und Vorschriften. Wobei es hier z.B. auch garnicht unbedingt nur die gesetzlich vorgeschriebenen sind, sondern auch z.B. DIN Normen, die dann als “allgemein anerkannten Regeln der Technik” praktisch wie gesetzliche Vorschriften wirken, weil man sich dem rechtlichen Risiko als Bauherr nicht aussetzen will. Dagegen gibt es immerhin eine Initiative mit dem Gebäudetyp E, der dazu zumindest eine Alternative bieten soll.
Wobei auch die gesetzlichen vorschriften wahrscheinlich einheitlicher gestaltet werden könnten. Die Japaner scheinen da ein ganz interessantes Konzept zu haben
Bezüglich dem Profit gibt es glaube ich zwei Probleme. Zum einen wirkt sich die Mietpreisbremse in dem Zusammenhang wahrscheinlich eher negativ aus, indem es den zu erwartenden Gewinn schmälert. Das ist gut für die Mieter im Bestand, aber schlecht für alle die gerne hinziehen würden oder als Mietobjekt bauen wollen. Wobei auch die bestehenden Mieter durch ihre guten Altverträge in Wohnungen gehalten werden, selbst wenn sie eigentlich nichtmehr ihren Bedürfnissen entsprechen
Zum anderen kommt ein guter Teil des Gewinns in den letzten Jahren einfach durch höhere Grundstückspreise. Wenn ich Investor bin kann ich also mit deutlich weniger Kapitaleinsatz und Risiko Gewinns abschöpfen ohne zu bauen. Solange es keinen Bauzwang gibt kann es also reichen einfach auf unbebauten Grundstücken zu sitzen oder wenn bebaut nicht zu renovieren bzw. nachzuverdichten.
Abgesehen davon sind uns glaube ich inzwischen einfach viele der Kapazitäten im Baugewerbe verloren gegangen. Es gibt schlicht und ergreifend weniger Betriebe, wodurch die Preise steigen. Und auch weniger große die eine gewisse Sicherheit bringen würden. Man liest ja öfter mal, dass der Traum vom Eigenheim für Leute im Disaster endet, weil die Baufirma pleite geht (und dann oft einfach unter neuem Namen startet). Ich meine mal gelesen zu haben das zumindest dieser Punkt in anderen Ländern dadurch gelöst wird, dass es bestimmte Versicherungen gibt.
Und abschließend könnte man denke ich auch mal an die Kaufnebenkosten rangehen. Grunderwerbssteuer, Notar/Grundbuchkosten, Maklerprovision etc sind einfach ziemlich hoch. Das macht den Markt deutlich inelastischer. Gerade Notar- und Maklerkosten sind einfach viel zu hoch für ihren Nutzen.
Danke für die ausführliche Antwort! Das mit den Kapazitäten im Baugewerbe hatte ich noch nicht auch dem Schirm. Ich dachte, dass es vor allem durch Lieferkettenproblem während Corona zu Problemen kam, aber das müsste sich ja so langsam wieder einpendeln.
In Sachen “unbebaute Grundstücke” hoffe ich ja sehr auf die Bodensteuer, also so wie Baden-Württemberg die Grundsteuerreform umgesetzt hat. Mehr hier.
An der Stelle der Verweis auf das ZDF Heute Show Spezial “Wohnen/Bauen”. Ein Grund daraus: 4x so viele Bauvorschriften wie in den 90ern, dadurch deutlich höher Baukosten. Dazu vor kurzem massiv gestiegene Baukosten, dazu massiv gestiegene Grundstückspreise.
Es geht garnicht unbedingt immer nur um Vorschriften, sondern auch um “allgemein anerkannten Regeln der Technik”, also z.B. DIN Normen. Bei denen man soweit sich nichts geändert hat z.B. oft nicht weiß wer denn eigentlich in den Gremien saß, die sie festgelegt haben.
Ich fand diese SWR Doku zu dem Thema ganz interessant und hier ist ein Link zum Gebäudetyp E, der das Thema der Verordnungen theoretisch angehen soll. Habe bei der Doku mal einen Zeitstempel gesetzt wo es um Steckdosenzahlen geht, weil die auch als Beispiel beim Gebäudetyp E genannt werden.
Haha, gerade bei Steckdosen denke ich mir, dass immer zuwenig da sind. :)
Hab jetzt nur ein paar Minuten in die Doku reingeschaut, sieht aber sehr gut aus. Solche Bauunternehmer, wie der gezeigt Jan Eitel, müssten sich doch eigentlich eine goldene Nase verdienen?
Haha, gerade bei Steckdosen denke ich mir, dass immer zuwenig da sind. :)
Das ist denke ich immer eine Gratwanderung. Und die erste Frage die sich mir stellen würde ist, wie alt die Häuser sind in denen du bis jetzt gewohnt hast. Weil wenn das Altbauten, Häuser aus den 70gern oder wahrscheinlich selbst in im Verhältnis noch neue Häuser von vor 20 Jahren sind, dann galten damals vermutlich noch andere Standards als heute und nicht die durchschnittlich 47 Steckdosen in einer Dreizimmerwohnung (bzw. wie in der Doku erwähnt 18 in der Küche).
Habe die Steckdosen jetzt nur rausgegriffen weil sie in beiden Links vorkommen. Aber gibt auch gleich am Anfang bei ca. min 3 in der Doku das Beispiel mit den dicken Betondecken, wo der Bauunternehmer sagt die Franzosen/Niederländer kommen auch mit halb so dicken aus.
Und es ist letztlich immer eine Abwägung weil alles Kosten hat. Statt den extra Steckdosen könnte die Miete niedriger sein oder man könnte sie an einem Ort weglassen und dafür vielleicht dafür ein Ethernet-Kabel verlegen.
Hab jetzt nur ein paar Minuten in die Doku reingeschaut, sieht aber sehr gut aus. Solche Bauunternehmer, wie der gezeigt Jan Eitel, müssten sich doch eigentlich eine goldene Nase verdienen?
Zumindest bis jetzt ist das halt ein unternehmerisches Risiko. Sagen wir mal er macht jetzt die Decken etwas dünner, weil es das nicht unbedingt braucht. Plötzlich ist es jemandem doch zu hellhörig (was ja oft durchaus subjetiv ist) und es wird geklagt. Dann schaut das Gericht, sieht die nicht beachtete DIN Norm und sagt dass es ein Baumangel ist.
Ich bin kein Experte, abwr würde sagen es sind viele Dinge. Konkrete Ausführung, wie Wandstärke oder Dämmung. Dann Planung, welche Pläne in welcher Ausführung erstellt werden müssen und zuletzt Gutachten und Zertifizierungen die man braucht bevor irgendwas passiert.
Ich hab noch nirgends eine gute Erklärung gesehen, was eigentlich das Problem beim Wohnungsbau ist.
Liegt es am Geld? Obwohl alle über die Mieten jammern, soll es nicht profitabel sein im großen Stil Wohnungen zu bauen?
Liegt es an fehlenden Genehmigungen? So ein Fall von “bitte mehr, aber nicht bei uns”? Bzw Konflikt zwischen Bund, Ländern, und Kommunen?
Ich glaube bei einem so starken Mangel wie wir ihn derzeit haben gibt es nicht nur eine einzelne Ursache. Bin aber nicht vom Fach, kann also auch mit meinen Einschätzungen falsch liegen:
NIMBY ist definitiv eines der Grundprobleme. Keiner hat lust dass in seine gemütliche Einfamilienhaussiedlung ein mehrstöckiges Mietshaus, wie damals die Plattenbauten, gesetzt wird. Dabei wäre genau das notwendig, um ausreichend Wohnraum in den Städten zu schaffen.
Ein anderes sind die gestiegenen Standards und Vorschriften. Wobei es hier z.B. auch garnicht unbedingt nur die gesetzlich vorgeschriebenen sind, sondern auch z.B. DIN Normen, die dann als “allgemein anerkannten Regeln der Technik” praktisch wie gesetzliche Vorschriften wirken, weil man sich dem rechtlichen Risiko als Bauherr nicht aussetzen will. Dagegen gibt es immerhin eine Initiative mit dem Gebäudetyp E, der dazu zumindest eine Alternative bieten soll.
Wobei auch die gesetzlichen vorschriften wahrscheinlich einheitlicher gestaltet werden könnten. Die Japaner scheinen da ein ganz interessantes Konzept zu haben
Bezüglich dem Profit gibt es glaube ich zwei Probleme. Zum einen wirkt sich die Mietpreisbremse in dem Zusammenhang wahrscheinlich eher negativ aus, indem es den zu erwartenden Gewinn schmälert. Das ist gut für die Mieter im Bestand, aber schlecht für alle die gerne hinziehen würden oder als Mietobjekt bauen wollen. Wobei auch die bestehenden Mieter durch ihre guten Altverträge in Wohnungen gehalten werden, selbst wenn sie eigentlich nichtmehr ihren Bedürfnissen entsprechen
Zum anderen kommt ein guter Teil des Gewinns in den letzten Jahren einfach durch höhere Grundstückspreise. Wenn ich Investor bin kann ich also mit deutlich weniger Kapitaleinsatz und Risiko Gewinns abschöpfen ohne zu bauen. Solange es keinen Bauzwang gibt kann es also reichen einfach auf unbebauten Grundstücken zu sitzen oder wenn bebaut nicht zu renovieren bzw. nachzuverdichten.
Abgesehen davon sind uns glaube ich inzwischen einfach viele der Kapazitäten im Baugewerbe verloren gegangen. Es gibt schlicht und ergreifend weniger Betriebe, wodurch die Preise steigen. Und auch weniger große die eine gewisse Sicherheit bringen würden. Man liest ja öfter mal, dass der Traum vom Eigenheim für Leute im Disaster endet, weil die Baufirma pleite geht (und dann oft einfach unter neuem Namen startet). Ich meine mal gelesen zu haben das zumindest dieser Punkt in anderen Ländern dadurch gelöst wird, dass es bestimmte Versicherungen gibt.
Und abschließend könnte man denke ich auch mal an die Kaufnebenkosten rangehen. Grunderwerbssteuer, Notar/Grundbuchkosten, Maklerprovision etc sind einfach ziemlich hoch. Das macht den Markt deutlich inelastischer. Gerade Notar- und Maklerkosten sind einfach viel zu hoch für ihren Nutzen.
Danke für die ausführliche Antwort! Das mit den Kapazitäten im Baugewerbe hatte ich noch nicht auch dem Schirm. Ich dachte, dass es vor allem durch Lieferkettenproblem während Corona zu Problemen kam, aber das müsste sich ja so langsam wieder einpendeln.
In Sachen “unbebaute Grundstücke” hoffe ich ja sehr auf die Bodensteuer, also so wie Baden-Württemberg die Grundsteuerreform umgesetzt hat. Mehr hier.
An der Stelle der Verweis auf das ZDF Heute Show Spezial “Wohnen/Bauen”. Ein Grund daraus: 4x so viele Bauvorschriften wie in den 90ern, dadurch deutlich höher Baukosten. Dazu vor kurzem massiv gestiegene Baukosten, dazu massiv gestiegene Grundstückspreise.
Um was für Vorschriften geht es da eigentlich immer?
Es geht garnicht unbedingt immer nur um Vorschriften, sondern auch um “allgemein anerkannten Regeln der Technik”, also z.B. DIN Normen. Bei denen man soweit sich nichts geändert hat z.B. oft nicht weiß wer denn eigentlich in den Gremien saß, die sie festgelegt haben.
Ich fand diese SWR Doku zu dem Thema ganz interessant und hier ist ein Link zum Gebäudetyp E, der das Thema der Verordnungen theoretisch angehen soll. Habe bei der Doku mal einen Zeitstempel gesetzt wo es um Steckdosenzahlen geht, weil die auch als Beispiel beim Gebäudetyp E genannt werden.
Haha, gerade bei Steckdosen denke ich mir, dass immer zuwenig da sind. :)
Hab jetzt nur ein paar Minuten in die Doku reingeschaut, sieht aber sehr gut aus. Solche Bauunternehmer, wie der gezeigt Jan Eitel, müssten sich doch eigentlich eine goldene Nase verdienen?
Das ist denke ich immer eine Gratwanderung. Und die erste Frage die sich mir stellen würde ist, wie alt die Häuser sind in denen du bis jetzt gewohnt hast. Weil wenn das Altbauten, Häuser aus den 70gern oder wahrscheinlich selbst in im Verhältnis noch neue Häuser von vor 20 Jahren sind, dann galten damals vermutlich noch andere Standards als heute und nicht die durchschnittlich 47 Steckdosen in einer Dreizimmerwohnung (bzw. wie in der Doku erwähnt 18 in der Küche).
Habe die Steckdosen jetzt nur rausgegriffen weil sie in beiden Links vorkommen. Aber gibt auch gleich am Anfang bei ca. min 3 in der Doku das Beispiel mit den dicken Betondecken, wo der Bauunternehmer sagt die Franzosen/Niederländer kommen auch mit halb so dicken aus.
Und es ist letztlich immer eine Abwägung weil alles Kosten hat. Statt den extra Steckdosen könnte die Miete niedriger sein oder man könnte sie an einem Ort weglassen und dafür vielleicht dafür ein Ethernet-Kabel verlegen.
Zumindest bis jetzt ist das halt ein unternehmerisches Risiko. Sagen wir mal er macht jetzt die Decken etwas dünner, weil es das nicht unbedingt braucht. Plötzlich ist es jemandem doch zu hellhörig (was ja oft durchaus subjetiv ist) und es wird geklagt. Dann schaut das Gericht, sieht die nicht beachtete DIN Norm und sagt dass es ein Baumangel ist.
Ich bin kein Experte, abwr würde sagen es sind viele Dinge. Konkrete Ausführung, wie Wandstärke oder Dämmung. Dann Planung, welche Pläne in welcher Ausführung erstellt werden müssen und zuletzt Gutachten und Zertifizierungen die man braucht bevor irgendwas passiert.
Die Kosten sind gestiegen, aber die Gewinne ja auch. Das ist mir als Erklärung noch zu kurz gesprungen.
Vermutung:
Flächennutzungspläne, die nur bestimmte Dichte erlaubt -> Lokalpolitik
Urbane Baulandpreise -> Investors, mit wenig Interesse an Bereitstellung des eigentlichen Guts (Wohnung), Korruption
Kapitalmangel bei sozialen Akteurs -> Unsoziale Kreditvergabe, Abhängigkeit von Direktkrediten